Haushaltsrede 2016

Presse-Exemplar

 

Haushaltsrede 2016

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

seit der vergangenen Kommunalwahl haben sich die politischen Mehrheitsverhältnisse verändert. Die Wähler haben der CDU ein eindeutiges Mandat gegeben -zusammen mit dem wiedergewählten Bürgermeister Rahn- die Geschicke unserer Stadt zu gestalten. Für die FW Karben war es selbstverständlich das Votum der Bürger zu respektieren und die Bürgerkoalition zu beenden. Wenn eine Partei die absolute Mehrheit erringt, sollte auch deren Programmatik nach unserem Politikverständnis ungefiltert umgesetzt werden.

Für die FW Karben bedeutet dies, die Ergebnisse und Entscheidungen der Mehrheitsfraktion und der Magistratsmehrheit unvoreingenommen zu begleiten und mit unseren eigenen Vorstellungen und Zielen abzugleichen. Dabei ist es gewiss nicht die Absicht der FW Karben in Zukunft Fundamentalopposition zu betreiben. Dazu besteht auch überhaupt kein Anlass. Beinah alle positiven Entscheidungen der letzten Jahre wurden schließlich gemeinsam von der Karbener Bürgerkoalition initiiert und personell umgesetzt. Mein Vorredner Hr.Beck hat schon die wichtigsten Erfolge und Ergebnisse ausführlich dargestellt, deshalb an dieser Stelle nur ein paar Stichpunkte:

 

Erfolgreiche Haushaltssanierung

Fertigstellung der Nordumgehung

Optimierung der Verwaltung und Wegfall der hauptamtlichen Stadträte

Niddarenatuierung

Hallenbadsanierung, Ausbau und Fertigstellung von Sportanlagen

Ausweis neuer Baugebiete

Wettbewerbsfähige Steuer- und Abgabensätze

Umfassende Kinder- und Jugendbetreuung

Entwicklung eines Innenstadtkonzepts

 

 

 

Alle diese Stichpunkte zeigen: Gegenüber der Situation und den vorgefundenen rot/grünen Altlasten im Jahre 2006, hat die Stadt Karben unstrittig eine positive Trendwende  geschafft. Nach vielen Jahren des rot/grünen Dornröschenschlafs zeigen die Ergebnisse der letzten Jahre welches Potential Karben wirklich hat. Mit Fug und Recht kann man heute von einer Musterkommune innerhalb des Wetteraukreises sprechen. In der Wirtschaft würde man sagen, das Preis- (in Form von Steuern und Abgaben) Leistungsverhältnis (städtische Dienstleistungen) ist für unsere Mitbürger exzellent.

Für die FW Karben gilt es nun die erreichten Erfolge zu sichern und positive Entwicklungen fortzuschreiben. Generell kann man einen ausgeglichenen Haushalts-entwurf kaum kritisieren. Noch weniger wenn sogar ein – wenn auch überschaubarer- Überschuss prognostiziert wird. Sicherlich kann man über einzelne Haushaltspositionen länger diskutieren, aber dies ist m.E. nicht besonders zielführend. Viel entscheidender ist die Nachhaltigkeit der kommunalen Einnahmesituation sowie die Dynamik von städtischen Ausgaben.

Im kommenden Jahr profitiert Karben von deutlich mehr Mitteln aus dem kommunalen Finanzausgleich aufgrund der erheblichen Gewerbesteuerausfälle in diesem Jahr. Im Umkehrschluss bedeutet dies, wenn unsere Steuereinnahmen im prognostizierten Umfang vereinnahmt werden können, werden 2018 die Ausgleichszahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich wieder rückläufig sein. Also im Resultat: wie gewonnen so zerronnen. Dies zeigt, dass die Einnahmesituation von Karben strukturell noch keineswegs als dauerhaft gefestigt d.h. frei von fremdbestimmten Schwankungen ist.

Auch die geringere Kreisumlage hilft 2017 zur positiven Haushaltslage. Dennoch hat es schon einen schalen Beigeschmack wenn sich der Kreis über jahrelange Höchstsätze bei der Kreis- und Schulumlage auf Kosten der Kommunen saniert, und nun, nur geringfügig, d.h. zu einem Drittel, seine finanziellen Überschuss wieder an die Kreiskommunen zurück gibt. Gleichzeitig verweigert der Kreis aber seit Jahren seine finanziellen Verpflichtungen bei der Schulsozialarbeit nachzukommen. Auch die Sanierung und Erweiterungen der kreiseigenen Schulen werden trotz hoher Schulumlage immer wieder teilweise auf die Kommunen abgewälzt.

Nun gibt es seit wenigen Wochen eine neue rot/schwarze Koalition in Kreistag mit einem neuen CDU Schuldezernenten. Die FW Karben wird genau beobachten, ob die jahrelang einseitig zu Lasten der Kommunen betriebene Kreistagspolitik in der neuen politischen Farbenkonstellation weiter betrieben wird. Große Hoffnung habe ich leider nicht. Egal in welcher politischen Konstellation im Bund, Land oder Kreis, unverändert werden dort Entscheidungen zu Lasten der Kommunen getroffen. Aktuelles Bespiel ist die von Familienministerin Schwessig geforderte Vorauszahlung von säumigen Unterhaltsleistungen zu Lasten der Gemeindekassen. Wieder ein neuer Fall wie das Konexitätsprinzip zu Lasten fremder Kassen vom Bund gebrochen wird.

 

 

 

 

Was ein solcher Verstoß gegen das Konexitätsprinzip dauerhaft für finanzielle Folgen nach sich zieht, zeigen die Defizite im Bereich Kinderbetreuung. Betrug der städtische Zuschuß in diesem Bereich im Jahr 2013 schon € 4,375 Mio. so steigt das Defizit in 2017 auf nun € 6,7 Mio. Dies ist eine Defizitsteigerung in 5 Jahren von über 50%. Ich kann mich noch sehr gut an die wiederholten Aussagen von BM Rahn erinnern, ein Defizit in diesem Haushaltsbereich von € 5 Mio. dürfte nicht überschritten werden.

Damit heute keine sozialpolitische Diskussion beginnt. Die FW weis, dass diese Aufwendungen überwiegend durch einen Rechtsanspruch verursacht werden. Genauso ist bekannt, dass der Bundes- und Landesgesetzgeber auch hier das Konnexitätsprinzip völlig ignoriert und die Kommunen im Regen stehen lässt, was die Kostenübernahme anbelangt. Und eine mittelfristige Hilfe ist trotz ständig wiederholter Fensteransprachen weder vom Bund noch vom Land zu erwarten. Genauso wahr ist aber auch, dass alleine die Hortbetreuung als freiwillige kommunale Leistung inzwischen einen jährlichen Zuschuss von € 500 Tsd. verursacht. Und genauso wahr ist, dass der Gesetzgeber zwar einen Rechtsanspruch für die U3 und Kita Betreuung beschlossen hat, die Entscheidung über die Ausgestaltung der kommunalen Gebührenstruktur aber den Kommunen überlassen hat.

Wie mir in dieser Woche die JSK Ausschussvorsitzende engagiert und voller innerer Überzeugung sagte, wären die aufgewendeten Haushaltsmittel notwendig, weil Karben eine junge Stadt sei und bleiben soll. Fr.Hellwig, ich verstehe und akzeptiere dieses politische CDU Leitbild. Es ist eine klare politische Prioritätensetzung eine allumfassende Kinderbetreuung zu niedrigsten Elternbeiträgen anzubieten.

Dieser programmatische Ansatz beinhaltet  m.E. jedoch folgende „Nebenwirkungen“:

Durch solche niedrigen Gebührensätze -abweichend von vergleichbaren Nachbar-kommunen- geben Sie ein klares Zuzugssignal an rational denkende Eltern.

Exzellente kommunale Dienstleistungen unter Wert anzubieten, entwertet m.E. dieses Angebot. „Was nichts kostet, ist nichts wert“. Ganz im Gegenteil wird sogar noch das Anspruchsdenken der Eltern gesteigert. Immer mehr Betreuungsleistungen für weniger oder konstante Gebühren.

Unser Haushalt bekommt immer mehr ein Problem mit einem stark wachsenden Defizit bei den Kinderbetreuungskosten. Schon alleine die Ausrichtung der aktuellen Satzungen an den Istkosten des Vorjahres verursacht aufgrund der hohen Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst und der Zeitverzögerung von mindestens 1,5 Jahren eine permanente Abweichung von dem Ziel einer 20% Elternbeteiligung bei den jetzig aktuellen Istkosten.

Nur besteht die Bevölkerung der Stadt Karben aber nun einmal nicht nur aus Kindern und jungen Eltern wie aus der demographischen Grafik im Haushaltsvorbericht ersehbar ist. Und jeder kommunale Euro kann bekanntlich auch nur einmal ausgegeben werden.

 

 

 

Wenn ich die intensiven Diskussionen und Anträge aus dem dieswöchigen H+F Ausschuss Revue passieren lasse, aber auch die Forderungen meines SPD Vorredners und bestimmt auch der nachfolgenden Rednern gibt es dort begründete Wünsche für den ÖPNV, Ausbau des P&R Angebots, Stärkung des sozialen Wohnungsbau, Aufstockung der Stadtpolizei, Stärkung des kommunalen Klimaschutzes, barrierefreien Umbaus der Gehwege und des Bahnhofs, Ausbau von Radwegen etc., etc. Alles nachvollziehbar (zumindest für Teile der Stadtverordnetenversammlung) und im Kontext zu den Aufwendungen im Bereich Kinder- und Jugendbetreuung für vergleichsweise geringe finanziellen Mitteln.

Was ich damit sagen will? Wenn die Karbener Politik eine solch klare aber einseitige Prioritätensetzung vornimmt, dann gehört es auch zur Ehrlichkeit den Bürgern zu erklären, dass andere Maßnahmen -so wünschenswert sie auch sein mögen- nur zeitlich verzögert oder überhaupt nicht realisierbar sind. Außer man nimmt die Handlungsweise von ehemaligen SPD/Grünen Stadtregierungen zum Vorbild  und akzeptiert zukünftig neue Schulden und/oder erhöht die kommunalen Steuersätze. Zumindest für die FW Karben beides keinerlei Handlungsalternativen. Genauso sehen wir eine solch einseitige Prioritätensetzung der Mittelverwendung vor dem Hintergrund der zukünftigen Herausforderungen aber auch Wünsche und Erwartungen anderer Bürgergruppen nicht als zielführend eines generationsübergreifenden Interessenausgleichs an.

Ich komme zum Resümee. Die FW Karben wird dem vorliegenden Haushalt 2017 zustimmen. Zwar hätten wir sehr gerne unsere beantragte Maßnahme für den Ausbau des Fußweges an der Nidda realisiert. Den unseres Erachtens würde es definitiv den Karbener Bürgern wieder ein unmittelbares Flusserlebnis an dem renaturierten Flußabschnitt ermöglichen. Deshalb jedoch dem I-Haushalt mit den anderen sinnvollen Investitionen nicht zuzustimmen steht für uns in keinem Verhältnis der Güterabwägung für unser Votum.

Auch dem Gesamthaushalt inkl. des vorliegenden Ergebnishaushalts werden wir zustimmen. Allerdings sehen wir in der 1. Jahreshälfte 2017 einen großen Handlungsbedarf zur strukturellen Modifizierung der Kinderbetreuungssatzungen. Ansonsten würde die Gefahr von einer noch höheren Unterdeckung der dortigen Ausgaben bzw. von Steuererhöhungen in den Folgejahren zunehmen.

Michael Ottens

Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Karben

Karben, den 15.12.2016

www.fw-karben.de

 

Dieser Beitrag wurde unter Pressemitteilung veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.